Das Generationenpanel am 08.04.2024 in der AXICA Skylounge

Verfasst von Thomas Andersen

Nach einer kurzen Vorstellung der wundervollen Location und einer Keynote durch unser Mitglied und Moderator Hannes, MCB-Vorstand Transformation, zu den Generationsaltersgrenzen, ging es auch schon los mit der Selbstvorstellung der Panelist*innen sowie den Charakteristika ihrer jeweiligen Generation.

Boomer sind definiert als zielstrebig, konservativ, kritisch – immerhin waren sie die 68er Studentenrevoltierenden. Sie haben eine hohe Arbeitsmoral und Einfluss auf die Wirtschaft und Politik, denn viele Entscheider sind noch Boomer und die Hälfte des Bundestages besteht aus Boomern. Sie lieben Statussymbole.
Generation X sucht nach Sicherheit und Stabilität. Darüber hinaus zeichnet sich diese Altergruppe durch ihre Konsumfreudigkeit aus, wobei sie trotzdem gerne Marketingbotschaften hinterfragen. Diese Generation ist mittlerweile auch in vielen Entscheiderpositionen angekommen.
Generation Y nennt als einschneidende Erlebnisse die Jahrtausendwende sowie die Finanzkrise und ist always on, also immer im Internet. Sie ist auf der Sinnsuche, strebt eine Work-Life-Balance an und räumt Familie und Freundschaften einen höheren Stellenwert ein als dem Job. 
Generation Z hat eine Acht Sekunden-Aufmerksamkeitsspanne, hinterfragt aber alles kritisch, besonders Marketingmaßnahmen, und findet auch vieles heraus, denn the world is at their fingertips. Lineares Fernsehen gibt es nicht mehr in dieser Welt, alle Infos werden aus dem Netz geholt.

Im weiteren Verlauf des Abends führten auf Nachfrage die Generationen aus, dass die Boomer damals recht unbedarft an Werbeinhalte herangegangen seien, da diese nur analog an sie herangetragen wurden (auch Radio und TV gelten als analoge Werbeform im Gegensatz zu den Onlinemedien) und im TV nur zwei Werbekanäle existierten. Dazu passte auch eine spätere Bemerkung aus dem Publikum, dass uns heute die „medialen Lagerfeuer“ wie das große Familienquiz am Samstagabend (Einer wird gewinnen, Wetten dass) verloren gegangen seien und der Tatort dies nicht ersetzen könne. Gen Z konterte daraufhin mit Netflix und allen anderen Streamingkanälen inkl. TikTok und Instagram. Aber eigentlich setze ihre Generation ja auf Werte, Authentizität und Nachhaltigkeit. Wenke als strategische Personalmarketerin für das Land Berlin (Gen Y) betonte die Mitarbeiter als Markenbotschafter mit dem Beispiel „Conni from the Block“, die als „Amtsfluencerin“ sich selbst und typische Amtsabläufe berlinerisch-frech auf die Schippe nimmt.
Das provozierte den Boomer natürlich sofort, auf die wachsende Zahl der „Grandfluencer“ hinzuweisen, Großeltern 70+, die (teils von ihren Enkeln als Manager) zu Performances musikalischer, tänzerischer, modischer und/oder sportlicher Art auf TikTok und Insta getrieben werden. Die größten Fans dieser Oldies ist übrigens die Gen Z.

Hannes hatte vier Werbekampagnen mitgebracht:

  1. Die Grow-up-Kampagne von Mercedes, die gezielt Boomervorurteile predigte, dazu aber Gen Z-Darsteller mit schmissiger Musik vor Mercedeswagen zeigte.

  2. Das Bahlsen-Rebranding, dass die bisherige Kundschaft so abschreckte, dass der Abverkauf einbrach und man nach zwei Jahren fast zum alten Packungsbild zurückkehrte.

  3. Jokolade, der fairen Schokolade von Joko Winterscheidt, welche ebenfalls einen Packungsdesignwechsel von puristisch bis überladen voll auf Joko getrimmt vorgenommen hatte.

  4. Allianz: 15-Sekunden-Pflegeversicherungs-Spots auf Twitch mit alten Gamern, die in ostentativer Jugendsprache unterwegs waren.

Während die Grow-up-Kampagne noch einigermaßen gut beurteilt wurde, gingen die drei anderen, insbesondere die Allianz-Anbiederung an die Gen Z, im Trommelfeuer des Panels baden.


In der Abschlussrunde wurde gefragt, wie generationenübergreifendes Marketing aussehen sollte. 

Thomas (Boomer) betonte Diversity, Authentizität und Emotionalität (Weihnachtsspot von Edeka mit dem alten Mann, der seine ihn nie besuchenden Kinder zu seiner Beerdigung einlädt, um sie mal zu sehen, aber dann doch lebt) als Erfolgsfaktoren, denn auch bei Mikroinfluencern zählen hohes Engagement der Follower mehr als passives Erdulden von Makroinfluencer-Followern.

Bruk (Gen X) betonte die Werbewirkungsmessung der richtigen KPIs, um mehr über die Zielgruppen zu erfahren und den Content zu schärfen.

Wenke (Gen Y) wollte nicht ihre Generation über einen Kamm geschert wissen, da gäbe es viele Untergruppen und auch Überschneidungen mit anderen Generationen, was Werte, Markenloyalität und Kommunikationsverhalten angehe.

Mia (Gen Z) hob Authentizität und Emotionen als Erfolgsstrategie hervor, und dass die Generationen auch voneinander lernen könnten: Was die einen als pure Nostalgie ansähen, hätten die anderen selbst erlebt. Gen Z bringe auch die vorherigen Generationen weiter, profitiere aber auch von deren Erfahrungsschatz.

Hannes gab dazu eine Buchempfehlung: David Allison: „Valuegraphics – We are all in the same age now“. Werte seien wichtiger als das Lebensalter für Meinungen und Kaufentscheidungen.



Publikumsfragen 

  • Gibt es noch echte Markenbotschafter wie Gottschalk für Haribo? Antwort: ganz lange und große Markentestimonials sind eigentlich, auch aus Skandalgefahr heute out.

  • Wasser in den Wein der heilen Gen Z-Welt: es gibt jeden Tag doch sehr unkritische Heerscharen von Gen Zler*innen, die McDonald’s, Primark und den Weinbergspark bevölkern (und letzteren vermüllt zurücklassen). Anwort: Wurde von Mia brüsk zurückgewiesen und mit Fridays for Future gekontert. Gen Z spiele Nachhaltigkeit nicht vor, sei aber wie alle Generationen nicht homogen im Auftreten.

  • Viele Kampagnen werden von Producern über 50 für eine Zielgruppe unter 25 gemacht, das muss ja schief gehen (siehe Allianz-Spots oben). Erfreulicher Lichtblick seien Agenturen wie Odaline, die von 25-jährigen gegründet wurden und den Werbemarkt gerade aufmischen mit tollen Spots.

  • Hannes schloss mit dem schönen Schlusssatz, dass es ja zumindest ein großes Lagerfeuer für Marketinginteressierte in Berlin gäbe: den MCB!

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